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Für mich ist Eis kein Lebensmittel, sondern das Zaubereinmaleins meines Lebens.

Als kleiner Junge habe ich mir oft die Knie aufgestoßen. Selten, dass ich ohne Kratzer oder Beulen nach Hause komme und oft mit Tränen in den Augen, die ich tapfer herunterschlucke. Bin ich doch frisch aus meinem letzten Abenteuer, den feuerspeienden Drachen im Wald zu besiegen als Held heimgekehrt.

Da ist immer meine Mama Maria, die mir zuhört, mich in den Arm nimmt und mich mit einem Helden-Pflaster versorgt. Egal wie sehr die jüngste Narbe blutet, sie versorgt den Helden in kurzen Hosen.

„Mein tapferer Sohn: Ich kann gut verstehen, dass du nach dieser großen Heldentat keine Lust auf deine Hausaufgaben hast. Das würde mir auch keinen Spaß machen!“, wenn Mama Maria mit diesem Satz kommt, weiß ich, dass es kein Entrinnen gibt. Die Hausaufgaben werden jetzt gemacht – ob ich will oder nicht.

Ich weiß aber auch, dass gleich die Frage der Fragen von Mama Maria kommt, für die ich jeden feuerspeienden Drachen besiegt habe: „Möchtest du ein Eis?“

Hand aufs Herz – mein Tag ist gerettet, meine Liebe gehört meiner Mama und die Hausaufgaben sind dann auch gar nicht mehr so schlimm für mich.

Bild von Thomas Berger

Mein magischer Ort – die Eisdiele um die Ecke.

Das beste Eis gibt es gleich um die Ecke. Wie sie es wohl machen? So cremig, so bunt, so fruchtig, so sahnig. Mein Lieblingseis: ein bunter Turm aus Eiskugeln auf einer duftenden und noch leicht warmen Waffel. Und Guiseppe sagt immer das gleiche zu mir, jeden Tag: „Goditi la giornata.“

Dass dies „Genieße den Tag“ bedeutet, finde ich erst viel später heraus.

Warum ich dir das erzähle? Weil dieser kurze Satz und mein Lieblings-Turm-Eis an einem Tag mein ganzes Leben verändert hat.

Anders als sonst, setze ich mich auf einen der Stühle vor der der Eisdiele von Guiseppe und genieße meine Seelenmedizin, mein Lieblingseis. Schwere Gedanken gehen mir durch Herz und Kopf. Wieder eine Absage, wieder eine verpasste Chance. Die Arbeitsplätze in Brehna, meiner Heimat nahe Leipzig, sind Raritäten. Immer mehr Unternehmen schaffen es nicht und schließen. Die Jahre der 1990er sind geprägt durch eine regelrechte Landflucht. Kaum noch einer der Kameraden meiner Kindheit lebt noch hier – kaum noch ein Ort, der ein Treffpunkt ist.

Doch meine Heimat verlassen? Unvorstellbar. Soll ich in einer Autowerkstatt schrauben oder einen Getränkeladen in der elterlichen Garage eröffnen?

Ich bin ratlos. Guiseppe kommt zu mir und setzt sich neben mich, schaut ein wenig in die Sonne und beginnt zu erzählen – einfach so.

Der aus dem Tal der Eismacher stammende Italiener träumt von seiner Heimat. Von Sehnsucht geprägte Geschichten vom Familienbetrieb, wo die geheime Eisrezeptur des besten Eis der Welt – dem Eis, dass ich gerade in der Sonne genieße – erfunden worden ist und auch nach über 30 Jahren täglich genauso gemacht wird. Guiseppe seufzt: „Tommaso, einmal wieder nach Hause zur Famillia! Aber ich habe hier keinen auf den ich mich verlassen kann, keinen der die Seele von meinem Eis versteht – mein Eis ist Familienehre!“

Ein Klingeln unterbricht die Zweisamkeit. Ein kleiner Junge mit aufgestoßenem Knie und weggewischten Tränen an Hand seiner Mama. Ja, das ist wichtig!

Ich sitze noch ein wenig in der Sonne und genieße mein Lieblingseis. Mit dem letzten Bissen stehe ich auf und gehe zu Guiseppe, lächle und nehme mir die Eismacherschürze, die an der Theke liegt und seit heute Morgen auf den Mitarbeiter wartet, der nicht mehr kommen wird. Ich binde sie mir wortlos um und Guiseppe streckt mir seine Hand entgegen: „Ich bin Guiseppe Missere. Herzlich Willkommen in meiner Welt aus Eis! Da wo die Seele zuhause ist und sich die Menschen treffen“

Val di Zoldo – das Tal der Eis Macher in den Dolomiten.

Der Brennpunkt der Eismacher ist die Heimat des Guiseppe Missere. Sein Erbe, gerade in Deutschland weiterzugeben, ist ein Teil der Tradition. Durch die schlechte Wirtschaftslage Italiens und dem gleichzeitigen Wirtschaftswunder in dem Deutschland der 1950er Jahre, finden viele Italiener eine neue Existenz und gründen Familien. Noch heute ist die Familie Missere eine bekannte Feinkostadresse in Dachau und führt die italienische Tradition mit Liebe weiter.

Bild von Giuseppe Missere Eiscafe

In der Schule des Meisters

Ich lerne Eis machen. Von Grund auf. An manchen Tagen gelingt es auf einen Streich und an anderen Tagen stehen mir die Schweißperlen auf der Stirn. Guiseppe lacht und zeigt mir mit Geduld und tausend kleinen Geschichten, wie das Eis Sorte für Sorte seinen eigenen Charakter hat und wie damit umzugehen ist – immer mit Gefühl! Meine zauberhafteste Zeit mit ihm sind immer die

Spätwinterabende, an denen wir neue Sorten ausprobieren, um die Kunden mit dem Beginn der Saison im Frühjahr überraschen. Immer etwas Neues wollen die Kunden und für uns gibt es nichts schöneres als in die großen Kinderaugen zu blicken, in denen sich das Glück des Geschmacks spiegelt, wenn sie ihre neue Lieblingssorte das erste Mal schmecken.

Ich bin Thomas Berger, Eis Macher

Ebenso bunt wie das Eis, dass aus meiner Hand kommt, ist auch meine Familie. Ein bisschen Sachse, ein bisschen Anhaltiner – Brehna ist meine Heimat – das väterliche Erbe. Doch das Temperament der Berge kommt aus der mütterlichen Linie: Mama Maria stammt aus der Hohen Tatra, der heutigen Slowakei. Um genauer zu sein aus Nová Lesná am Fusse der Slavkovská dolina, besser bekannt als die Karpaten, den „Dolomiten“ des Ostens. Sicherlich ist dadurch auch die Liebe zum Eis in meiner DNA zu suchen, denn Eis ist ursprünglich aus Gletschern gemacht.

Auch die Liebe zum Natürlichen, den Düften und dem Fruchtigen, in Erinnerung an meine Besuche der Heimat meiner Mutter in früher Kindheit, drücken sich in der Pflege der italienischen Eismacher-Kultur aus.

Bild von Thomas Berger am Eis produzieren

Der Wunsch des Babys

Guiseppe wird älter und sein Wunsch sein „Baby“ in vertraute Hände zu geben wird stärker. So übernehme ich 2003 die Eisdiele und der junge Thomas ist Unternehmer. Zu tiefem Dank verpflichtet, durch die schicksalhafte Begegnung pflege ich die Eismacher-Kultur in der Tradition des Familienunternehmens bis heute. Die Geburt des Eiswerk Brehna.

Gesegnet mit drei wundervollen Kindern, die 2004,2006 und 2011 mein Leben bereichern und die mehr im Geschäft zuhause sind, als dass sie gerne ihre Hausaufgaben erledigen – wen wundert es, denn der Apfel fällt bekanntlich nie weit vom Stamme – wachsen Tom, Max und Sarah mit mindestens einem Eis am Tag auf und machen mich stolz.

Bild von Thomas Berger mit einem Baby

Hoher Besuch

Erzählen kann ich viel und tue es gerne, denn im Gespräch über die Eis Theke lerne meine Kunden und Eisliebhaber kennen. Eis Macher zu sein heißt auch, hinzuhören und Anteil zu nehmen. Und so führt das eine zum anderen.

Zu einer gelungenen Veranstaltung gehört ein erstklassiges Eis. Eis macht jung und bringt Erinnerungen zurück – wer denkt nicht an Kindertage mit einem Eis in der Hand zurück. Unversehens steht dann ein einem Tag, bei einer politischen Veranstaltung die Bundeskanzlerin Angela Merkel bei mir hinter der Eis Theke und natürlich darf sie aussuchen.

Ein denkwürdiger Moment – wir sind aufgeregt, was sie wohl sagen wird? Ich darf aus dem Nähkästchen plaudern: sie hat ausgiebig jede Sorte probiert und wir haben wirklich nett geplaudert.

Angela Merkel am Eiswerk Brehna Eis essen

Einschnitt – die Pandemie

Anfang 2020, Eiswerk Brehna ist in der Region bekannt und beliebt, kommt dann der so unvorhersehbare Einschnitt in die geschäftliche Welt, der auch mich – der auch uns vom Eiswerk kalt erwischt: die Pandemie um COVID19!

Plötzlicher Stillstand. Kein Geschäft.

Für den Eis Macher ein Dolchstoß, denn Eis lebt mit, von und durch die Menschen. Eis ist etwas lebendiges, ein gemeinschaftliches Erlebnis. Und das soll es nun gewesen sein nach beinahe 20 Jahren erfolgreichen Geschäftes?

Einem Werk, das meine Familie ernährt hat, das Heimat und Geselligkeit bedeutet – das alles soll nun sterben? Ich wäre nicht ich, Tommaso, wenn ich das einfach hinnähme.

Ich erinnere mich, dass ich schließlich einmal etwas „Ordentliches“ gelernt habe: Groß- und Außenhandelskaufmann mit einem hilfreichen Abschluss. Mir war bislang nicht wirklich klar, dass dieses Kaufmannsherz ebenso in meiner Brust schlägt, wie das meiner Passion für das Eis machen.

Sollen – ETWA – Menschen kein Eis mehr essen?

Handeln ist die Eigenschaft des Unternehmers. Wie nun das Eis, das ich im Lock-Down nicht mehr an meine Kunden direkt übergeben kann, trotzdem liefern zu können bringt mich zu der einzigen sinnvollen Lösung: Der Online Handel mit meinem hochwertigen und leckeren Eis.

Eiswerk Brehna: Der Shop!

2021/22 entsteht der Onlinehandel. Eis direkt nach Hause liefern. Ich muss mich mit Lieferketten und Haltbarkeiten auseinandersetzen. Besonders wichtig ist mir persönlich so viele natürliche Zutaten zu erhalten und nur die verpflichtenden, davon so wenig wie möglich, Zusatzstoffe zu verwenden, um den Geschmack und die Konsistenz zu erhalten.

Wir entwerfen und verwerfen. So wenig wie möglich Kompromisse eingehen ist die Devise. Eis ist eines der gesündesten Lebensmittel überhaupt und das soll auch so bleiben.

Mit Stolz darf ich sagen, das dies gelungen ist. Wir produzieren in reiner Manufakturarbeit noch immer von Hand und mit Liebe die aufregendsten Eissorten mit einer maximalen Reinheit des Produktes.

100% handgemacht, 100% vielfältig und 100% CO2 neutral – Die Sünde mit reinem Gewissen für unsere Kunden.

Ich sage: Wenn schon, denn schon – 100% Genuss.

Eiswerk Brehna EST. 2003, Dein Tommaso Berger.